Montag, 3. Mai 2021

Großes Trauma vs. Kleines Trauma? Wozu Traumatherapie?

Das Wort Trauma zählt nicht nur erst seit Beginn der Pandemie zu den als inflationär geltenden Worten in Verbindung mit psychischen Erkrankungen. Wer eines hat, wer nicht und mit welchen - mehr oder weniger heftig verbundenen - Symptomen, scheint genauso unübersichtlich zu werden, wie beim Thema Depression. 

Diese Begriffsverwirrung kommt nicht zuletzt - wie kaum anders vermutet - aus dem anglo-amerikanischen Raum, wo sich dieser Begriff als Bezeichnung für ungewöhnliche menschliche Verhaltensweisen in Beziehungen oder bei Lebensentscheidungen durchzusetzen scheint. Natürlich wird dabei impliziert, dass jemandem ein Trauma oder ein traumatisches Erlebnis widerfahren ist. Es gibt also bei den gemeinten psychischen Effekten ursprünglich einen Verursacher von außen - Familienangehörige, Verwandte oder fremde Personen. 

Wie so oft, ist an dieser alltagsüblichen Verwendung des Begriffs einiges medizinisch begründet, einiges aber nicht. Und so möchte ich hier kurz richtigstellen, worüber wir hier eigentlich sprechen.

Ein (großes) Trauma ist ein mit extremen Stress verbundenes existenziell bedrohliches Ereignis, das einmal, öfter oder aufeinanderfolgend im Leben auftauchen kann. Es muss nicht immer von einer anderen Person verursacht werden - auch Unfälle oder Erlebnisse bei Naturkatastrophen können zu einem Trauma werden. Es gibt immer eine überwältigende Dimension, die Betroffene in eine Art "Ohnmachtserfahrung" bringt; nicht selten sind traumatische Erlebnisse, die unter Menschen passieren mit Gewalt verbunden und zählen im überwiegenden Fall als Straftaten. 

Unabhängig davon, was ein Trauma ist, wird nicht jedes Trauma zum Problem für Beteiligte oder Betroffene. Die meisten Menschen haben schon sehr schlimme Erfahrungen gemacht, diese aber gut überlebt und überstanden. Das gelingt dann, wenn Betroffene eines traumatischen Erlebnisses von anderen Menschen gut aufgefangen, situationsadäquat liebevoll behandelt und dabei unterstützt werden, die Erlebnisse zu verarbeiten. 

Wenn aber schlimme Erlebnisse nicht gut verarbeitet werden können, kommt es zu Traumafolgestörungen. Das ist das, womit man als Betroffene Probleme im Alltag hat. Unerklärliche Reaktionsweisen, außergewöhnliche Körperreaktionen bis hin zur Ohnmacht sind dann die Folge. 

Beim (kleinen) Trauma sind es weniger dramatische Umstände, unter denen es zu traumatisierenden Erlebnissen kommt. Demütigungen, extremer Leistungsdruck, u.ä.. Dennoch haben auch diese Erlebnisse, wenn auch weniger schwere,  Auswirkungen auf den Körper und auf die Stressverarbeitung. 

Traumatherapie hilft Betroffenen - oft auch noch Jahre nach einem durcherlebten traumatischen Erlebnis - die Verarbeitung des Hochstresses im Körper anzukurbeln und so endlich eine Verarbeitung der eigenen Reaktionen während des traumatischen Erlebnisses im außen zu ermöglichen. 

Ein Trauma selber lässt sich weder löschen noch in seiner Heftigkeit verändern. Mit Traumatherapie kann aber der Umgang mit sich selber in dieser Situation ein anderer werden und somit die Basis für ein neues Selbstverständnis werden. 



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